31 März 2011
30 März 2011
29 März 2011
Eine gute Entscheidung
Entscheidungen stehen immer wieder auf dem Programm. Und IMMER ausgerechnet dann, wenn ich eigentlich ganz andere Sorgen habe. Ich komme mies gelaunt und gestresst von einer kurzen Dienstreise nachhause und soll heute Abend sagen, ob ich am Wochenende mit zum Wandern gehe. Seit Wochen schlafe ich nicht gut, fühle mich häufig abgeschlagen und soll beurteilen, ob ich noch ein zusätzliches neues Projekt betreuen kann, das mir eine Beförderung garantiert. Ich fühle eine dicke Erkältung in mir hochkriechen und soll entscheiden, ob ich einem Freund den Wohnwagen abkaufen will. Ich mache mir gerade Sorgen um meine Zukunft und meine Kinder und soll bei befreundeten Unternehmern einen Vortrag über mein Spezialgebiet halten. In meiner derzeitigen Verfassung will ich nur eins und zwar meine Ruhe haben. Die bekomme ich, indem ich jetzt schnell eine Entscheidung treffe. Und das Sicherste und Schnellst ist, Nein zu sagen.
Häufig kommt später die hadernde Frage: Warum musste das ausgerechnet jetzt kommen? Nun, vielleicht hat auch das Leben selbst dahinter gestanden und wollte einmal sehen, ob ich gute Entscheidungen treffen kann. In solchen Situationen zeigt es mir, dass ich darauf achten soll, ausgeglichen und kräftig zu sein, dass ich gut für mich sorgen soll. Wenn ich in meiner Kraft stehe, treffe ich eine bewusste Wahl. Ich kann mich und meine Möglichkeiten realistisch einschätzen. Mit genügend Kraftreserven kann ich mutig sein und eine Herausforderung annehmen. Mit klarem Kopf und einer wachen inneren Stimme kann ich am besten entscheiden, ob ich Ja oder Nein sage. Dann muss ich nichts bereuen.
Wenn ich das getan habe, bin ich erst einmal beruhigt. Aber bald kommen Zweifel auf oder ich bereue schon jetzt, dass ich so vorschnell geantwortet habe. Was für Entscheidungen habe ich da eigentlich getroffen? Was für ein Urteil habe ich gefällt?
Ich habe die Entscheidung eines Gestressten gefällt.
Ich habe das Urteil eines Müden gefällt.
Ich habe die Entscheidung eines Kranken getroffen.
Ich habe die Entscheidung eines Ängstlichen getroffen.
Natürlich besteht damit keine Garantie, dass alles so klappt, wie ich es mir vorstelle. Wenn ich jedoch bewusst und stabil bin und meine Kräfte einschätzen kann, bin ich fähig, meinen Werten gemäß zu handeln. Ich kann umdenken, die Bedingungen anpassen, über Fehler zu lachen oder schnell auf eine ungewohnte Situation reagieren. Dann kann ich aufrichtig sagen, dass ich mein Bestes gegeben habe und mir selbst vertrauen kann. Ich bin mit mir im Reinen und kenne meine Grenzen, woraus sich wieder viel Stärke für mich entwickeln kann. Dann habe ich die Kraft, zu wachsen - und auch hinzufallen und wieder aufzustehen - und halte die Verantwortung für mein Leben fest in meinen Händen.
Und vielleicht habe ich die Möglichkeit, mein Gegenüber um eine bestimmte Bedenkzeit zu bitten. Wenn es die Situation erlaubt, kann ich dem Anbieter ehrlich sagen, dass ich in diesem Moment, da ich gestresst, müde, krank etc. bin, sicher eine schlechte Entscheidung treffen würde. Wenn ich einen Zeitpunkt verabrede und mir in der Zwischenzeit zu genügend Stabilität verhelfe, wird der Andere meine Sorgfalt sicher respektieren. Wir erweisen einander Anerkennung. Der Respekt, den ich vor mir selbst habe, ist eine gute Kraft, aus der viel erwachsen kann, an der ich und auch andere wachsen können.
28 März 2011
Nein
Die Zeiten, in denen plötzlich eine gütige Fee in der ärmlichen Hütte eines Köhlers erschien oder irgendein eigentümliches Fabeltier unvermittelt in der alten Kate eines Fischer auftauchte, um zu verkünden „du bist ein guter Mensch, ich werde dir drei Wünsche erfüllen“, diese Zeiten gehören trotz allgemein gegenteiliger Auffassung durchaus nicht der Vergangenheit an. Vielleicht gibt es heute kaum noch Köhler, und auch die Fischer hausen nur noch selten in Katen; aber die guten Geister, die gibt es noch immer. Nur zeigen sie sich nicht gerne in hell erleuchteten, komfortablen Wohnzimmern, in denen CD-Player oder Fernsehgeräte laufen. Wer ihnen begegnen will, muss schon für eine einladendere Atmosphäre sorgen.
Noch besser ist es freilich, wenn man gar nicht erst auf ihr Kommen wartet, sondern sich selbst auf den Weg macht, um sie zu besuchen.
Herr Frensch hatte eines Tages herausgefunden, wie einfach es ist, hilfreiche Geister zu besuchen. Er hatte entdeckt, dass es wirklich fliegende Teppiche gibt. Und er wusste auch, dass es sich dabei keineswegs um irgendwelche exotischen Zaubermatten aus den geheimen Schatzkammern orientalischer Mager zu handeln braucht. Er hatte festgestellt, dass sich eigentlich jeder beliebige Teppich zum Fliegen eignet, vorausgesetzt, er war nicht gerade sehr hässlich oder stark verschmutzt. Am besten gelangen ihm solche Reisen mit einer einfachen, beige-braunen Brück, die aus nichts anderem als einem sorgfältig umsäumten Teppichboden-Rest bestand.
Es gab nicht viel, dass sich Herr Frensch hätte wünschen können. Im Großen und Ganzen ging es ihm rundum gut. Nur eines belastet ihn: Er konnte nicht Nein sagen. Wenn ihn ein Freund oder ein guter Bekannter um etwas bat, das er eigentlich gar nicht oder nur mit großer Mühe erfüllen konnte, oder das er aus irgendeinem Grunde nicht erfüllen wollte, dann hätte er diese Bitte natürlich abschlagen müssen. Er musste Nein sagen. Aber gerade das gelang ihm nicht. Kaum öffnete er den Mund, da ließ sich – ganz gegen seinen Willen – ein leises aber durchaus deutliches Ja vernehmen. Damit verpflichtete er sich dem Anderen, und weil er solche Pflichten nicht selten als drückende Last empfand, kam es vor, dass sich seine positiven Gefühle gegenüber einem Menschen mit negativen Gedanken mischten, ja, dass er begann, Freunden aus dem Wege zu gehen. Darüber ärgerte er sich, denn im Grunde mochte er seine Freunde und Bekannten doch. Konnte er seine Zusagen schließlich nicht einlösen, dann waren ihm liebe Menschen enttäuscht.
Herr Frensch beschloss deshalb, sein Problem einem jener hilfreichen Geister vorzutragen, die er nur mit seinem fliegenden Teppich erreichen konnte. Am späten Abend brach er auf.
Zuerst steckte er in seinem Wohnzimmer eine Kerze an, dann löschte er das elektrische Licht. Bald brannten auch zwei Räucherstäbchen, die beruhigenden Duft verströmten. Dann legte sich Herr Frensch auf seinen Teppich und schloss die Augen.
Wenig später spürte der Reisende, wie sich die Matte langsam, ganz langsam vom Boden abhob, um in Kreisen zur Zimmerdecke hinaufzuschweben. Obwohl Herr Frensch mit geschlossenen Augen liegen blieb, empfand er, wie er sich auf dem Teppich aufsetzte und sich umsah. Über ihm öffnete sich lautlos die Zimmerdecke und gab den Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel frei. Schnell glitt der Teppich weiter in die Höhe. Er verließ das Haus, und Herr Frensch sah unter sich seinen Garten und die Nachbarhäuser. Wenig später umfasste die Aussicht die gewaltigen Hügelketten, die sein Heimatdorf weitläufig umgaben.
Der Aufstieg verlief jetzt schneller und immer schneller. Die Berge verflossen in der Dunkelheit zu einer einheitlichen schwarzen Masse, hier und da durchschnitten von den gewundenen Bändern kleinerer und größerer Flüsse, die mondbeschienen glänzten. An ihren Ufern sah Herr Frensch die Lichter vereinzelter Ortschaften. Mit zunehmender Höhe wurde das Land rasch kleiner.
Als der Teppich die oberen atmosphärischen Schichten erreichte, erfüllte sonores Summen und Brausen die Ohren des Teppichreisenden. Wenig später herrschte tiefe Stille; eine Stille, die Herr Frensch nachgerade körperlich empfand. Die Erde tief unter ihm schrumpfte zu einer kleinen bläulichen Kugel. Er näherte sich dem hell strahlenden Mond. Doch schon flog er an diesem vorbei und drang weiter in das Weltall vor. Als der Teppich den Saturn passierte, erkannte Herr Frensch, dass dessen scheibenförmige Ringe in Wirklichkeit aus unzähligen einzelnen Steintrümmern und Felsbrocken jeder Größe bestehen. Das war das Letzte, was er auf seiner kosmischen Reise sah, bevor der Teppich schließlich sanft auf dem sandigen Strand eines Meeres aufsetzte. Es begann hier gerade zu dämmern. „Ich möchte meinen Lehrer sehen“, sagte Herr Frensch laut, denn so bezeichnete er die ihm von früheren Teppichreisen bekannte Figur, die ihm mit Rat und Tat zur Seite Stand, wenn er sich das ganz fest wünschte.
Eine große, in ein langes weißes Gewand gekleidete Gestalt schritt langsam und würdevoll auf ihn zu. Weil sie eine – ebenfalls weiße – weite Kapuze trug, lag ihr Gesicht im Schatten und ließ sich nur schwer genauer erkennen.
„Warum bist du gekommen?“, fragte der Weißverhüllte.
Herr Frensch begrüßte seinen Lehrer höflich und formulierte dann ohne Umschweife sein Anliegen: „Ich möchte lernen, Nein zu sagen, wenn ich Nein meine.“
„Nichts leichter als das“, antwortete der Weiße. „Mache einfach deinen Mund auf und sage ‚Nein’, N-e-i-n. So einfach ist das. Mehr brauchst du nicht zu tun.“
Herr Frensch wusste nicht, ob der Lehrer sein wirkliches Anliegen überhaupt verstanden hatte, oder ob er ihn mit seiner Antwort lediglich auf den Arm nehmen wollte. Der Weiße bewies manchmal einen äußerst trockenen Humor.
„Ganz so einfach ist das nicht“, gab Herr Frensch deshalb zurück. „Natürlich weiß ich, wie man Nein sagt. Aber wenn es wirklich darauf ankommt, kann ich es nicht. Ich habe das schon oft versucht. Ich glaube, ich habe einfach Angst, jemanden zu verletzen, wenn ich Nein zu ihm sage.“
Nach kurzer Pause fügte er hinzu: „Kannst Du mir nicht zeigen, wie man Nein sagt?“
„Ich soll es dir also vormachen“, sagte der Weiße. „Gut, dann sieh genau her.“ Mit diesen Worten wandte er Herrn Frensch den Rücken zu und ging fort.
„Halt, nicht so schnell“, rief ihm der Ratsuchende nach. Aber der Lehrer reagierte nicht mehr darauf.
Verunsichert und ratlos saß Herr Frensch auf seinem Teppich am Strand. Was sollte er tun, zurückreisen oder noch hier bleiben? Vielleicht würde der Weiße ja wiederkommen. Er wartete.
Erst nach längerer Zeit humpelte ein buckliges altes Männlein auf ihn zu. Herr Frensch sah in ein zeitlos altes Gesicht, das ebenso aufgedunsen wie faltendurchfurcht war. Es erinnerte ihn an eine runzlig gewordene, weiche Kartoffel. Zwei Glubschaugen quollen daraus hervor, die ihn glanzlos anstarrten.
„’n Abend“, grunzte der kleine Kerl.
Herr Frensch erwiderte den Gruß freundlich. „Warum kommst du?“, wollte er wissen. „Willst du mich lehren, Nein zu sagen?“
„Nein!“ Mehr sagte der missgestaltete Gnom nicht.
„Aber warum bist du dann hier?“
„Das Nein hast du schon gelernt. Dein Lehrer hat es dir sogar gezeigt. Eigentlich hast du hier nichts mehr zu suchen. Aber wenn du nicht fort willst, ist es gerade so gut. Wir könnten zusammen eine Runde Karten spielen. – Nein? – Dann legen wir uns schlafen. Es ist schon spät, und der Strand ist warm.“
Das Männlein legte sich neben Herrn Frensch, drehte sich einige Male rasch hin und her und erzeugte auf diese Weise eine bequeme Kuhle im weichen, trockenen Sand, in dies es sich einkuschelte. Der kleine Kerl erweckte den Anschein, als wolle er auf der Stelle in tiefen Schlaf fallen.
Herr Frensch gab nicht auf: „Hör zu, es muss doch einen Grund haben, dass du zu mir gekommen bist. War es dein eigener Entschluss, oder hat dich jemand geschickt?“
„Dein Lehrer hat mich geschickt. Er sagte mir, ich solle dir Gesellschaft leisten, du seiest so allein.“
Herr Frensch verstand nicht sofort, was das zu bedeuten hatte. Der Kleine würde ihn der Lösung seines Problems nicht näher bringen.
„Du hast doch gar kein Problem mehr“, sagte der Gnom, als konnte er Gedanken lesen. „Du kannst doch jetzt Nein sagen. Vielleicht weißt du es nur noch nicht. Aber offenbar bist du generell schwer von Begriff. Du hast deinen Lehrer vorhin in eine missliche Lage gebracht, als du ihn batest, dir zu zeigen, wie man Nein sagt. Ihm blieb nichts anders übrig, als sich darauf hin entschieden von dir abzuwenden. Er hat dir NEIN gezeigt. Danach konnte er natürlich nicht mehr zurückkommen. Aber um dir klar zu machen, dass er dich damit keineswegs wirklich verlassen hat, schickte er mich. Wie du siehst, kümmert er sich nach wie vor um dich. Verstehst du denn nicht? Zu einem Menschen Nein sagen bedeutet doch nicht mehr und nicht weniger, als ehrlich zu ihm zu sein. Und das bist du einem Freund doch wohl schuldig. Aber damit wendest du dich keineswegs völlig von ihm ab. Begreife das doch. Wie also kannst du ihn mit einem Nein verletzen? Ein falsches Ja trifft viel härter. Doch ich sehe schon, du brauchst mich nicht mehr.“
Der Kleine stand auf und war plötzlich verschwunden.
Herr Frensch trat die Heimreise an. Sie verlief noch schneller als der Hinflug. Schon kurz nach dem Start schwebte er über den vertrauten Wäldern, entdeckte sein Haus unter sich und landete sanft auf dem Wohnzimmerboden. Die beiden Räucherstäbchen waren inzwischen abgebrannt. Etwas nachdenklich ging Herr Frensch in die Küche und kochte sich einen Kaffee.
Wenig später klingelte das Telefon. Eine Frauenstimme meldete sich: „Hallo, Bert und ich kommen dich heute Abend besuchen. Wir sind gerade auf der Durchreise und wollen dich auch nur kurz überfallen.“
„Nein“, sagte Herr Frensch ruhig, „heute Abend nicht. Es passt mir ganz und gar nicht. Aber gerne ein anderes Mal.“
„Schön, dass du das so frank und frei sagst, was du meinst“, erwiderte die Frau. „Eigentlich passt es uns heute auch nicht. Aber wir dachten, du könntest es uns vielleicht übel nehmen, wenn wir nicht bei dir reinschauen. Wir sind so selten in deiner Gegend. Und erfahren würdest du es schließlich doch, dass wir hier waren. Wenn wir uns also nicht gemeldet hätten…“
„Ist schon gut“, unterbrach Herr Frensch. „Wir sind doch gute Freunde. Ersparen wir uns derartige unechte Höflichkeiten. Ein anderes Mal klappt es sicher. Ich freue mich schon darauf. Ich liebe euch.“ Er legte den Hörer auf.
Seine Freunde, Bekannten und Geschäftskollegen schätzen Herrn Frensch. Er gilt als offen, ehrlich und zuverlässig. Das ist heute selten.
Nein von Felix R. Paturi aus: Der Zeitvogel – und andere schamanische Erzählungen. pbp Verlag
26 März 2011
Abendspaziergang
Nun ist es wieder so weit, die Uhren werden umgestellt, eine Stunde wird „geklaut“ und gefühlt muss man noch eine Stunde früher aufstehen. Also geht’s eine Stunde früher ins Bett. Aber wenn diese Zeit ungewohnt ist, klappt es mit dem Einschlafen vielleicht nicht so recht. Dafür gibt es auch eine hübsche Übung, die uns langsam und auf eine schöne Art immer näher Richtung Schlaf bringen kann.
Stell Dir vor, Du stehst in einem geräumigen Fahrstuhl und fährst aus dem 10. Stock hinunter ins Erdgeschoss. Der Fahrstuhl fährt ohne Eile, sodass Du die Stockwerke langsam mitzählen kannst – 10, 9, 8 …
Unten angekommen öffnen sich die Türen und geben den Blick auf einen wunderschönen Garten frei – Deinen Garten. Es ist eine lauschige Abendstimmung und die Sonne scheint. Du trittst hinaus und machst erst einmal einen kleinen Spaziergang. Schau Dich um, was Du in Deinem Garten alles wachsen lässt. Büsche und Bäume, vielleicht blühende Obstbäume und alte, knorrige Weiden. Gibt es Blumenbeete und eine Wiese, auf der saftig grünes Gras wächst mit einigen Wildblumen? Gehst Du verschlungene Pfade oder über eine große Wiese? Nutze Deine Vorstellungskraft, wie es Dir gefällt und stell Dir alles schön genau vor. Wie sehen einzelne Pflanzen aus? Welche Farbe haben sie? Kannst Du sogar einen Geruch wahrnehmen? Gehst Du barfuß und fühlst das weiche Gras unter Deinen Füßen?
Wenn Du Dich genug umgesehen hast, setz Dich auf eine bequeme Bank unter Deinen Lieblingsbaum. Blicke um Dich her, nimm alles wahr und freu Dich an Deinem schönen Garten. Atme tief und ruhig, nun hast Du Dich von der Schönheit einfangen lassen, der Alltag liegt hinter Dir und Du kannst sanft in den Schlaf hinübergleiten. Selbst die Zeit, die Du bis jetzt in Deinem Garten verbracht hast, hat Dich entspannt und ist schon fast ein Teil Deines Schlafes geworden.
Gute Nacht!
PS Da Übung bekanntlich den Meister macht, geht ruhig an vielen Abenden durch Deinen Garten. Du schulst damit Deine Vorstellungskraft und Deine Fähigkeit, Dich zu entspannen. Mit der Zeit werden Dir solche Übungen immer leichter fallen und sie werden immer schneller helfen, selbst, wenn Du einmal aufgeregter und gestresster bist. Du hast Deinem Gehirn damit wieder etwas mehr Entspannungsfähigkeit beigebracht und Flexibilität, um vom lösungsorientierten Denken abzuschalten. Solche Übungen hast Du immer zur Hand, wenn Du sie brauchst.
25 März 2011
Gedanken zur Ruhe bringen
Eigentlich bin ich hundemüde, aber sobald mein Ohr das Kopfkissen berührt hat, geht es los. Habe ich an x gedacht? Was soll ich bloß mit y machen? Reicht das Geld? Warum hat sich z so verhalten? Klappt die Prüfung? Der Verstand bombardiert mich mit Fragen, Forderungen und Sorgen und will aber auch JETZT SOFORT eine Antwort haben. Was soll das jetzt?
Bei den meisten Menschen ist der Verstand „der wichtigste Mann im Dorf“, ihm wird immer gefolgt, obwohl das Herz manchmal anderer Meinung ist. Wenn er ständig so blinde Gefolgschaft findet, entwickelt er sich zeitweise zum Despoten und will sich immer Gehör verschaffen. So auch jetzt, wenn er eigentlich Ruhe geben soll.
Vielleicht ist es an der Zeit, ihn wieder auf den Platz zu bringen, auf den er gehört: Den des Beraters, gleichberechtigt mit dem Herzen und dem Körper. Ich kann mir den Rat der drei anhören und ich entscheide dann, wessen Rat ich für gut befinde. Ich bin schließlich ein freier Mensch und kein Sklave. Das hilft mir aber in diesem Moment nicht weiter. Und wie häufig, wenn es ernst ist und schnell gehen muss, hilft ein Gedankenspiel.
Ich sage mir, dass jetzt meine einzige Aufgabe das Einschlafen ist. Schlaf ist ebenso wichtig, wie das Tun und das Denken. Wenn ich morgen nicht ausgeruht bin, werde ich Dummheiten und Fehler machen und falsche Entscheidungen treffen. Mit dieser klaren und bestimmten Ansage setze ich jeden Gedanken auf eine Wolke und gebe ihr einen sanften Schubs von mir weg. Der Gedanke soll sich ebenso ausruhen wie ich und über den Nachthimmel gleiten. Morgen kann er erfrischt und klar wieder zu mir kommen. Ich bleibe auf meiner Wolke und schlafe mit tiefen, ruhigen Atemzügen ein. Das friedliche Bild von forttreibenden Wolken kann beruhigend wirken und wird mir auf die Dauer so langweilig, dass ich darüber einschlafe.
Gute Nacht!
24 März 2011
Muskelkater abmildern
Hast Du heute renoviert, kräftig geputzt, im Garten herumgerackert oder bei einem Umzug geholfen? Wenn Du das nicht jeden Tag machst, wirst Du Dich wahrscheinlich morgen auf einen ordentlichen Muskelkater „freuen“ können. Hier ein Trick, wie Du ihn abmildern kannst: Trinke abends eine in Wasser aufgelöste Magnesium-Brausetablette. Es entspannt die ungewöhnlich beanspruchten Muskeln ein wenig.
Keine im Haus? Hier eine kleine Liste magnesiumhaltiger Nahrungsmittel
(mehr als 100 mg /100 g):
- Vollkorn und Vollkornprodukte, Vollkornmehl
- Kleie
- Haferflocken, Hafermehl
- Vollreis
- grünes Gemüse
- Sesamsamen, Sonnenblumenkerne
- Nüsse
- Bohnen
- Erbsen
(mehr als 20 - 100 mg / 100 g)
- Fleisch
- Fisch
- Milch und Milchprodukte
- Obst (Ausnahme: Bananen)
- Fenchel
- Brokkoli
- Meerrettich
- Kohlrabi
- Kartoffeln
- polierter Reis
Die Brausetabletten gibt es in jedem Super- oder Drogeriemarkt. Schreib sie Dir am besten gleich auf den Einkaufszettel, damit Du sie beim nächsten Mal zur Hand hast.
Und ansonsten hilft ja auch immer schon die abendliche berühmte warme Dusche oder ein Bad ein bisschen weiter.
Abhängen für den Rücken
Fühlt sich Dein Rücken heute leicht verspannt an? Dann versuch doch einmal, ihn zu lockern: Stelle Dich quer unter einen Türrahmen, fasse oben an die Türhölzer und beuge die Knie ein wenig, sodass Dein Gewicht mehr an Deinen Händen hängt als auf Deinen Füßen lastet. So kann sich der Rücken für einen Moment „aushängen“. Tue das ruhig immer mal zwischendurch, damit sich die Wirbelsäule ein bisschen strecken kann.
Kein Türrahmen da? Hier eine Alternative: Stelle die Füße hüftbreit auf, beuge die Knie ein wenig und beuge den Oberkörper vornüber. Lass die Hände zu Boden hängen, lass den Kopf gemütlich zwischen den Armen baumeln und lass die Schultern locker fallen. Wenn Dir nach ein wenig Schwingen oder Federn ist, tu das ruhig.
Frohes Abhängen!
23 März 2011
Breakdown ° Jack Johnson
In der ersten Textzeile singt Jack Johnson: "I hope this old train breaks down, then I could take a walk around..." Tja, wer wünscht sich nicht, der "Lebenszug", in dem wir fahren, möge einmal kaputt gehen, damit man ein wenig herumspazieren könnte.
Aber muss man das dem Schicksal überlassen? Jeder ist schließlich der Lokführer seines eigenen Zuges. Und wenn er entscheidet, dass es jetzt an der Zeit für einen Zwischenstopp ist, dann ist es eben an der Zeit.
Viel Spaß beim Lokführer-Sein und Spazierengehen!
PS Vergiss nicht, unterwegs ein paar Blumen zu pflücken...
PS Vergiss nicht, unterwegs ein paar Blumen zu pflücken...
Unser Licht
Unsere größte Angst ist nicht, unzulänglich zu sein.
Unsere größte Angst ist, grenzenlos mächtig zu sein.
Unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, ängstigt uns am meisten.
Wir fragen uns:
Wer bin ich denn, dass ich so brillant sein soll?
Aber wer bist Du, es nicht zu sein?
Du bist ein Kind Gottes.
Es dient der Welt nicht, wenn Du Dich klein machst.
Sich klein zu machen, nur damit sich andere um dich nicht unsicher fühlen, hat nichts Erleuchtetes.
Wir wurden geboren um die Herrlichkeit Gottes, der in uns ist, zu manifestieren.
Er ist nicht nur in einigen von uns, Er ist in jedem einzelnen.
Und wenn wir unser Licht scheinen lassen, geben wir anderen unbewusst damit die Erlaubnis, es auch zu tun.
Wenn wir von unserer eigenen Angst befreit sind, befreit unsere Gegenwart automatisch die anderen.
Aus der Antrittsrede von Nelson Mandela 1994
Vom geistreichen Nichtstun
Folgender Artikel war Anfang Dezember 2010 in der „Zeit“ zu lesen - ein Plädoyer für die Muße und ihre Kraft. Viel Freude beim Lesen und lass Dich inspirieren…
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Vom geistreichen Nichtstun
Zur Ruhe kommen? Dafür ist in der Informationsgesellschaft kaum Zeit. Dabei verhilft Muße oft zu den besten Ideen. Von Ulrich Schnabel
Mitte der sechziger Jahre, als die Menschheit sich anschickte, ins Weltall aufzubrechen, erreichte den Doktoranden Ernst Pöppel eine ungewöhnliche Anfrage der Nasa: Wie würden Astronauten wohl auf die Isolation in einer engen Raumkapsel reagieren, wollte die Raumfahrtbehörde wissen. Denn das Institut, an dem der Neuropsychologe Pöppel damals arbeitete, führte gerade die ersten »Bunker-Experimente« durch: In einem tief im Fels gelegenen Gewölbe im bayerischen Andechs erprobten Versuchspersonen wochenlang das Leben in vollständiger Isolation.
Eigentlich ging es dabei um die Erforschung der inneren Uhr und des Schlaf-wach-Rhythmus. Nebenbei wollte Pöppel aber auch wissen, wie sich die Psyche seiner Probanden verändern würde. Empfanden sie die völlige Abgeschiedenheit von anderen Menschen wirklich als so schrecklich, wie damals viele Forscher glaubten?
Bei Durchsicht der Versuchsprotokolle stellte der Psychologe bald fest, dass kaum einer der Eingeschlossenen über quälende Gefühle berichtete. Im Gegenteil, den meisten war es ziemlich gut gegangen. Wie es sich anfühlt, ohne die vertrauten Geräusche und Gesichter des Alltags zu leben, wollte der Forscher schließlich am eigenen Leib erfahren – und stieg selbst in den Bunker. »Die ersten ein, zwei Tage waren hart«, erinnert sich der heute 70-Jährige. »Es herrschte ein inneres Chaos, ich hatte mit Unruhe und Gedankenflucht zu kämpfen und musste mich erst an mich selbst anpassen.« Doch nach dieser Übergangsphase begann Pöppel sich zusehends wohler zu fühlen. »Ich stellte fest, dass ich hoch konzentriert arbeiten konnte, viel weniger abgelenkt als sonst und in gewisser Weise mir selbst genug war.«
Als »interessantesten Moment« hat der Hirnforscher das Ende des Experiments in Erinnerung, als er nach zwei Wochen wieder ins Freie trat. »Ich fühlte mich auf eine Art geläutert, die fast schon eine religiöse Komponente hatte. Es war wie eine innere Reinigung, ich hatte sozusagen Kontakt mit mir selbst aufgenommen und erlebt, dass ich von all dem Trubel um mich herum unabhängig sein konnte.«
Geist und Seele brauchen schöpferische Muße
Solche Erlebnisse sind heute nur wenigen vergönnt. Eine Auszeit, in der man »mit sich selbst Kontakt aufnimmt« – davon können die meisten lediglich träumen. Im Gegenteil, wir sind permanent online und allzeit erreichbar – und haben zugleich ständig Angst, etwas zu verpassen und abgehängt zu werden; wir leiden an Reizüberflutung und dem Gefühl ständiger Überforderung – und gieren gleichwohl nach schnelleren Datenleitungen und leistungsfähigeren Handys; wir fühlen, wie unsere Zeit immer knapper wird, sehnen uns nach Muße – und fürchten zugleich nichts so sehr wie das Nichtstun und die Langeweile.
Dabei wissen Philosophen längst, dass Geist und Seele schöpferische Pausen brauchen. Nun wird diese Weisheit auch von der Wissenschaft entdeckt. Hirnforscher und Psychologen zeigen, wie wichtig Auszeiten und Momente des Nichtstuns sind: Diese fördern nicht nur die Regeneration und stärken das Gedächtnis, sondern sind geradezu die Voraussetzung für Einfallsreichtum und Kreativität, vor allem aber für das seelische Gleichgewicht.
Die empfohlene Muße scheint allerdings vielen im Alltag abhanden gekommen zu sein. Das zeigt jede Umfrage: Als das Meinungsforschungsinstitut Allensbach 2009 die Deutschen fragte, was sie an ihrem Charakter am liebsten verändern würden, wünschten sich die meisten ebenso schlicht wie verzweifelt, sie wären gern »viel ruhiger«. Laut Forsa empfinden 67 Prozent der Mitbürger die »ständige Hektik und Unruhe« als den größten Auslöser von Stress, und bei den guten Vorsätzen zum neuen Jahr stehen ganz obenan »Stress vermeiden« und »mehr Zeit für Familie und Freunde haben«.
Die Kunst des Abschaltens
»Wir beobachten, dass im Online-Zeitalter viele Menschen die Fähigkeit verlernt haben, geistig und seelisch offline zu gehen, also abzuschalten«, sagt Götz Mundle, Ärztlicher Geschäftsführer der Oberbergkliniken, in denen Erkrankungen wie Sucht, Burn-out und Depressionen behandelt werden. Die meisten seiner Patienten bemerkten gar nicht, wie stressig das ständige Kommunizieren sei. »Wir wissen, dass wir bei einem Bürojob körperlichen Ausgleich benötigen, daher gehen viele ins Fitnessstudio. Den wenigsten ist aber bewusst, dass auch die Informationsflut geistig verarbeitet werden muss«, sagt Mundle. Das Problem seiner Patienten sei es nicht, Höchstleistungen zu erbringen. »Im Gegenteil, das Problem ist, abzuschalten und nichts zu tun.«
Es ist schon erstaunlich: Mit unserem Körper gehen wir längst pfleglicher und klüger um als mit unserem Geist. Unzählige Diätratgeber lehren uns, beim Essen Maß zu halten, wir machen Frühjahrs- und Herbstkuren und achten auf den body-mass-Index. Doch all das, was in Bezug auf das Essen Common Sense ist, scheint im Umgang mit Informationen nicht zu gelten. Dort frönen wir häufig einer ungezügelten Völlerei, überreizen unser Denkorgan mit zu vielen, falschen oder unwichtigen Informationen und kommen kaum auf den Gedanken, dass unser Gehirn dies alles ja verdauen muss und dass es – wie jedes Organ – Zeiten der Regeneration braucht.
»Auf die Balance kommt es an«, sagt Ernst Pöppel. »Menschen brauchen immer beides: den Austausch mit anderen Menschen, aber auch den Bezug zu sich selbst, die innere Autonomie«. Und gerade an Gelegenheiten, sich selbst zu begegnen, fehle es heute vielen Menschen. »Stille ist essenziell, um sich konzentrieren zu können. Sie nimmt den Druck von uns, der durch den Lärm von außen entsteht.« Der Kommunikationsterror, dem wir permanent ausgesetzt seien, sei geradezu Gift. Pöppel sagt deshalb gerne: »Wenn ganz Deutschland jeden Tag für eine Stunde nicht kommunizieren würde, dann hätten wir hier den größten Innovations- und Kreativitätsschub, den man sich vorstellen kann.«
Natur entspannt
Der Hirnforscher hat seine Erfahrungen im Andechser Isolationsbunker nicht vergessen. »Ich habe daraus gelernt, dass ich es einmal im Jahr brauche, mich von der Welt zurückzuziehen.« Dann reist er einige Wochen in den Schwarzwald und geht dort täglich drei bis vier Stunden spazieren. »Muße hat für mich viel mit Gehen zu tun«, sagt Pöppel. »Der Physiker Hermann von Helmholtz sagte einmal, er könne überhaupt nur im Gehen denken. Ich erlebe das ähnlich: Im Gehen kommen mir die besten Ideen.«
Dass schon der Anblick von Wiesen und Bäumen einen erholsamen Effekt hat, ist mittlerweile sogar wissenschaftlich bewiesen. Im Gegensatz zu einer städtischen Umgebung wird unser Gehirn in der Natur nicht ständig mit neuen Reizen bombardiert und kann sich auf einer Almwiese oder beim Blick aufs Meer besonders gut regenerieren. Wie der amerikanische Psychologe Marc Berman demonstriert hat, muss man dazu nicht einmal ins Gebirge oder an den Strand fahren; um den entspannenden Effekt zu erzielen, reicht ein Spaziergang durch einen Park.
Berman stattete an der University of Michigan Studenten mit GPS-Empfängern aus und ermunterte sie zu einem Spaziergang; die einen promenierten durch ein Arboretum, die anderen durch die Stadt. Beide Gruppen wurden psychologischen Tests unterzogen. Ergebnis: Wer durch die Stadt geschlendert war, war tendenziell schlechter gelaunt, geistig weniger leistungsfähig und unaufmerksamer als diejenigen Studenten, die sich unter Bäumen entspannt hatten. Ein zweites Experiment brachte noch Erstaunlicheres zutage: Schon das Betrachten eines Naturpanoramas auf einem Foto wirkte sich vorteilhafter auf den Geisteszustand aus als das Betrachten einer Straßenszene.
Reizvolle und reizarme Umgebung
»Das Gehirn ist nun einmal eine begrenzte Maschine«, sagt Berman, »und wenn wir das Bild einer geschäftigen Straße sehen, stellen wir uns automatisch vor, wie es ist, dort zu sein – und schon das hat negative Folgen für unsere Aufmerksamkeit.« Von den vielfältigen Eindrücken in der Stadt wird vor allem unser Arbeitsgedächtnis belastet, das die Konzentration und die Willenskraft steuert. Je mehr Reize das Gehirn verarbeiten muss, umso schwerer fällt es, konzentriert und ganz bei sich zu bleiben. In der Natur dagegen, wo die Reizdichte enorm reduziert ist, wird dieser geistige »Kraftspeicher« gründlich aufgefüllt.
Natürlich haben die vielfältigen Stimuli des Stadtlebens auch eine inspirierende Wirkung; das Zusammenleben vieler Menschen mit unterschiedlichen Ideen auf engem Raum bringt immer neue, ungeahnte Kombinationen hervor und erzeugt eine Atmosphäre ständiger Anregung. Nicht umsonst gelten große Metropolen wie New York, Tokyo oder Mumbai als die Motoren künstlerischer, wirtschaftlicher und sozialer Innovationen. Doch zugleich ist das Stadtleben enorm belastend, und seine vielfältigen Angebote bergen ein gewaltiges Zerstreuungspotenzial. So lässt sich das städtische Getriebe zwar hervorragend als Nährboden für neue Ideen und Pläne nutzen. Doch um diese in die Praxis umzusetzen (oder sich einfach nur vom Stadtgetriebe zu erholen), brauchen wir oft jene Muße, die uns eine reizarme, ablenkungsfreie Umgebung gewährt.
Deshalb bevorzugen Künstler, Schriftsteller oder Wissenschaftler zum Malen, Dichten oder Denken gerne ruhige Umgebungen – ein Atelier auf dem Land, oder eine Büro-Oase im Hinterhof. Sie wissen: Wer kreative Ideen zu entfalten sucht, braucht vor allem Zeit und Ungestörtheit.
Vom Stillsitzen profitieren
Eine seiner Hauptaktivitäten sei »das ständige Sichbefreien von äußerer Pflicht«, sagt der Komponist Wolfgang Rihm. Um kreativ sein zu können, müsse er sich Zeit schaffen, »die mir gehört und nicht mit Terminen besetzt ist«. Deshalb hält sich Rihm die Ablenkungen des digitalen Zeitalters weitgehend vom Leib. Sein Handy ist meistens stumm geschaltet; wer ihn erreichen will, muss einen Brief schreiben oder auf die Mailbox sprechen. In gewisser Weise sei er provinziell, sagt der Künstler, der zu den bekanntesten deutschen Komponisten der Gegenwart zählt. Doch diese Art von Provinzialität stört ihn keineswegs: »Der tibetische Weise sagt: Man muss auf der Stelle sitzen bleiben, um zu sehen, wie der Schatten um einen herumwandert.«
Dass nicht nur tibetische Weise vom Stillsitzen profitieren, illustriert auch die christliche Geschichte. Hätte sich Martin Luther 1522 nicht auf der Wartburg verstecken müssen, fernab von allen Geschäften und Ablenkungen, wäre es ihm wohl nicht gelungen, das Neue Testament in nur elf Wochen ins Deutsche zu übersetzen. In seiner kargen Studierstube wurde er kaum gestört. Nur der Teufel wollte ihn dort angeblich vom Arbeiten abhalten – was der große Reformator der Legende nach mit einem gezielten Wurf seines Tintenfasses abwehrte. Heute dagegen würde der Leibhaftige den Versuch eher mit einem Computer mit Internetanschluss und Flachbildschirm unternehmen; wer weiß, wie die Sache dann ausginge.
Dass die gezielte Reduktion von Reizen hilfreich ist, weiß jeder Arbeitspsychologe. Hirnforscher haben zudem herausgefunden, dass unser Denkorgan beim ziellosen Nichtstun keinesfalls untätig ist; im Gegenteil, manche Hirnregionen sind beim Tagträumen, Schlafen oder Meditieren sogar stärker aktiv als beim zielgerichteten Denken. Das legt auch eine Erklärung für jene Geistesblitze nahe, die uns mitunter aus dem Nichts heraus durchzucken. Denn wenn äußere Informationsflut fehlt, kann das Gehirn auf einen riesigen Schatz an gespeichertem »inneren Wissen« zurückgreifen – Erinnerungen, kulturelle Prägungen, unbewusst Aufgeschnapptes und längst wieder Vergessenes.
NEUROLOGIE
Die Erforschung des Nichtstuns begann mit einem Zufall. 1998 stellte der Neurologe Marcus Raichle bei Studien mit dem Kernspintomografen fest: Wenn seine Probanden sich auf eine Aufgabe konzentrierten, wurden zwar bestimmte Hirnarealen aktiver (…), in anderen Regionen aber nahm die Betriebsamkeit ab. Umgekehrt nahm dort die Aktivität zu, sobald die Testpersonen aufhörten, zielgerichtet zu denken (gelbe und rote Bereiche).
TAGTRÄUME
Raichle nannte das merkwürdige neuronale Muster Leerlauf-Netzwerk (»default mode network«) und trat damit eine wahre Forschungslawine los. Eine Vielzahl von Studien hat inzwischen gezeigt, dass die Leerlauf-Regionen nicht nur beim entspannten Tagträumen aktiv sind, sondern ebenso im Schlaf und bei komatösen Patienten.
NEURONALES ORDNEN
In all diesen Situationen, in denen äußerer Input fehlt, beschäftigt sich das Gehirn vor allem mit sich selbst: Es verarbeitet Gelerntes, sortiert das Gedächtnis und versichert sich seiner eigenen Geschichte. Diese Art des neuronalen Ordnunghaltens scheint sowohl für ein reibungsloses Funktionieren des Denkorgans wichtig zu sein als auch für unser Empfinden einer eigenen, unverwechselbaren Identität.
AKTIVITÄTSMUSTER
Das belegen unter anderem Studien an Alzheimer-Patienten: Bei ihnen sind gerade jene Hirnareale, in denen die Zentren des Leerlauf-Netzwerks liegen, degeneriert. Auch bei psychiatrischen Patienten weicht das Aktivitätsmuster des Ruhenetzes häufig vom Normalbild ab. Ein gesunder Leerlauf wäre damit notwendig für unsere geistige Gesundheit.
Neue Gedanken, geniale Einfälle
Befreit von Input, kann das Gehirn gewissermaßen in sich selbst spazieren gehen, frische Verbindungen zwischen Nervenzellen knüpfen und so neue Zusammenhänge zwischen gespeicherten Fakten herstellen. Auf diese Weise entstehen ganz von selbst neue Gedanken und, wenn wir Glück haben, auch unerwartete Geniestreiche. Manchmal erlebt man solche »Aha-Momente« unter der Dusche oder in der Badewanne (so wie Archimedes, dem beim Plätschern das Prinzip des Auftriebs klar wurde); oder man hat sein Heureka-Erlebnis unversehens beim Spazierengehen, beim Musikhören oder abends im Bett.
Zwar geht solch genialen Einfällen eine Zeit intensiven Nachdenkens voraus. Doch man kann es mit dem Grübeln auch übertreiben. Denn das bewusste Denken folgt oft nur den bekannten, ausgetretenen Pfaden. Wer allzu verbissen nach der Lösung sucht, würgt häufig seine Kreativität regelrecht ab – dann wird es Zeit, das Hirn zu lüften. »Setzen Sie sich erst bewusst-rational mit den Argumenten auseinander, aber vertagen Sie die Entscheidung«, rät der Hirnforscher Gerhard Roth. »Lenken Sie sich ab, schlafen Sie drüber. Die vorbewussten, intuitiven Netzwerke in Ihrer Großhirnrinde erledigen den Job für Sie.«
Zufall und spontane Inspiration
Für diesen Mechanismus der unbeabsichtigten Genialität gibt es sogar mittlerweile einen eigenen Begriff: Als Serendipity-Prinzip definierte der amerikanische Soziologe Robert K. Merton vor fünfzig Jahren »die zufällige Entdeckung von wichtigen, nicht gesuchten Erkenntnissen durch einen theoretisch vorbereiteten Geist«. Ein schönes Beispiel für dieses Prinzip ist etwa die Erfindung der Post-it-Klebezettel.
An deren Anfang stand ein Flop. Als der Chemiker Spencer Silver 1968 für die Firma 3M einen neuen Superleim zusammenrühren wollte, kam eine klebrige Masse heraus, die zwar auf allen möglichen Flächen haftete, genauso leicht aber auch wieder abging. Das Ganze wäre vermutlich völlig in der Versenkung verschwunden, hätte sich nicht ein Kollege Silvers Jahre später daran erinnert. Art Fry, ebenfalls Chemiker bei 3M, sang im Kirchenchor und ärgerte sich darüber, dass ihm ständig seine Lesezeichen aus den Noten fielen. Da kam ihm sein Gehirn zu Hilfe und spülte die vergrabene Erinnerung an den Haftkleber hoch. Der Rest ist Geschichte: Fry holte sich eine Probe des Klebers aus dem Labor, trug sie auf kleine Zettel auf – und hatte die Post-its erfunden. 1980 kamen die Haftzettel auf den Markt, ein Jahr später bezeichnete sie das Unternehmen 3M als sein herausragendstes neues Produkt. Fry wurde hoch geehrt.
Das Schönste am Serendipity-Prinzip ist wohl die Tatsache, dass man sich dafür zwar öffnen, es aber niemals herbeizwingen kann. Zufall und spontane Inspiration lassen sich nicht in Forschungsstrategien packen oder in Businesspläne fassen. Um sie zu finden, tut man gut daran, gerade nicht den Erfolg zu erstreben, sondern mit möglichst offenen Sinnen durch die Welt zu gehen und nichts Besonderes zu denken. Dann kann man auf das wirklich Besondere stoßen.
Wer übrigens wissen will, wann es Zeit für eine Auszeit ist, für den hat Ernst Pöppel eine einfache Faustregel parat: Führen Sie sich abends Ihren Tag vor Augen, und fragen Sie sich, was Sie Kreatives geleistet haben. »Kreativität ist ein wichtiges Merkmal eines ausgeglichenen Menschen«, sagt Pöppel. »Wer nur noch erledigt, abarbeitet, reagiert, braucht definitiv eine Pause.«
Dies ist ein gekürzter Auszug aus dem neuen Buch von Ulrich Schnabel: »Muße. Vom Glück des Nichtstuns«. Es erscheint in diesen Tagen im Blessing Verlag
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Flimmern Dir jetzt die Augen vom langen Lesen? Falls ja, gibt es hier den passenden "Schnellen Helfer" namens >>Augentrost dazu.
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Zwischenüberschriften & Bilder: Lebenslilie
"Augentrost"
Reibe einige Augenblicke lang die Handflächen kräftig aneinander, sodass sie warm werden. Lege sie für einen Moment auf die geschlossenen Augen. Die Dunkelheit und die Wärme entspannen die überbeanspruchten Augen.
Der Pferdeapfel
Es waren einmal zwei Brüder, die glichen sich äußerlich wie ein Ei dem anderen, waren aber ansonsten grundverschieden. Der auffälligste Unterschied bestand darin, dass der eine zu jeder Stunde optimistisch und zuversichtlich war, und der andere immer schlecht gelaunt, miesepetrig und pessimistisch.
Am nächsten Morgen schaute der Vater zuerst ins Zimmer des Pessimisten. Er fand ihn jammernd auf dem Boden sitzend, inmitten der ganzen wundervollen Geschenke. Der Pessimist schluchzte: "Ich bin so unglücklich. Erstens: weil meine Freunde neidisch sein werden; zweitens: weil ich die ganzen Gebrauchsanleitungen lesen muss; drittens: weil ich für die meisten dieser Spielsachen ständig neue Batterien brauchen werden; und viertens: weil vieles davon kaputtgehen wird."
Am Geburtstag der beiden wagte der Vater der Zwillinge ein Experiment. Er wartete, bis seine Söhne eingeschlafen waren. Nur um zu sehen, was passiert, packt er das Zimmer des Pessimisten bis unter die Decke voll mit den schönsten Geschenken - mit Büchern, Spielzeug, Software und, und, und! Dem Optimisten aber legte er nur einen stinkenden Pferdeapfel vor das Bett. Sonst nichts.
22 März 2011
Ein Abend am Kamin
Einen Abend lang einmal nicht zu tun, den Fernseher ausgeschaltet zu lassen und einfach ins Feuer zu schauen, wirkt sehr entspannend. Wenn Du keinen Kamin besitzt, schlage ich Dir einen Abend an einer Art „Ersatzkamin“ vor. Fülle ein feuerfestes Tablett oder Backblech mit Teelichtern und stelle es auf einen Untersetzer auf die Erde.
Setz dich auf ein Kissen oder eine zusammengefaltete Decke ebenfalls auf den Boden und sorge für gemütliches Anlehnen an Dein Sofa oder an die Wand. Kissen im Rücken nicht vergessen. Höre dazu Deine Lieblingsmusik, die Dich entspannt oder genieße Stille. Schau ins Feuer, beobachte, in welche Richtung sich die Flammen neigen, nimm Licht, Wärme und Ruhe in Dir auf. Nimm die Stabilität und Sicherheit des Bodens wahr. Schwiege eine Weile, atme lang und tief, lass Deine Gedanken zur Ruhe kommen oder lass sie an Dir vorbeiziehen, wie Wolken am Himmel. Allein oder zu zweit ist das eine sehr angenehme Art, einen wohlig entspannten Abend am Kerzenkamin zu verbringen.
PS Sieh auch einmal an die Zimmerdecke, malen die Lichter Muster dorthin?
PS Sieh auch einmal an die Zimmerdecke, malen die Lichter Muster dorthin?
21 März 2011
Kennenlernen
In einer buddhistischen Weisheit ist Folgendes zu lesen:
Erst im gemeinsamen Leben mit einem Menschen lernen wir seinen Charakter kennen, erst im Gespräch mit ihm sehen wir, ob er einen reinen Geist hat. In schweren Zeiten erkennen wir seine Kraft, im Umgang mit ihm lernen wir seine Weisheit kennen.
Doch für all das brauchen wir Zeit und müssen aufmerksam sein. Aufmerksamkeit, Einfühlungsvermögen und Intelligenz, ohne sie kennen wir einen Menschen nicht.
Vielleicht sollten wir das nicht nur im Umgang mit anderen Menschen beachten, sondern auch mit uns selbst? Dann können wir Vertrauen, Güte und Nähe für uns selbst und unsere eigene Menschlichkeit entwickeln.
Clair de lune ° Claude Debussy
Was kan ich sagen? So zart, wie Nachtwolken, die am Mond vorbeiziehen...
Müde Optimisten
Sollte ich meine Finanzentscheidungen nach nächtelangem Planen und Kalkulieren treffen? Sollten budgetverantwortliche Chefs Tag und Nacht arbeiten? Sollten Finanzer und Banker unter Hochdruck Entscheidungen treffen? Nachdem ich folgenden Artikel bei ntv.de/wissen las, finde ich es riskant. Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass guter Schlaf wichtig für das Wohlbefinden ist, aber oft ignoriert man es. Vielleicht sollten wir mehr Zeit in "Morpheus' Armen" verbringen und süße Träume schätzen lernen, bevor es ein böses Erwachen gibt?
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In den für negative Wahrnehmungen zuständigen Hirnpartien war die Aktivität bei den unausgeschlafenen Testpersonen hingegen schwächer als bei den ausgeruhten Probanden. Schlafentzug bewirke offenbar "eine Verzerrung zum Optimismus", schrieben die Forscher. Die übernächtigten Probanden verhielten sich demnach, "als ob positive Konsequenzen wahrscheinlicher (oder einträglicher) seien und als ob negative Konsequenzen unwahrscheinlicher (oder weniger schädlich) seien".
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Gefahr für Glücksspieler: Schlafdefizit macht optimistisch
Es ist kaum zu glauben, aber Menschen, die zu wenig geschlafen haben, treffen wirtschaftliche Entscheidungen wesentlich optimistischer als ausgeschlafene. Forscher untersuchten dafür die Hirntätigkeit im Magnetresonanztomografen von 29 Freiwilligen.
Unausgeschlafene Menschen neigen laut einer Studie zu übertriebenem Optimismus und damit zu riskanteren Entscheidungen auch beim Glücksspiel. Forscher der Duke University im US-Bundesstaat Carolina sowie aus Singapur ließen im Rahmen der im Fachblatt "Neuroscience" veröffentlichten Studie 29 gesunde Erwachsene mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren wirtschaftliche Entscheidungen im ausgeschlafenen und im übernächtigten Zustand treffen.
Während der Befragung wurde die Hirnfunktion der Probanden mittels einer Magnetresonanztomographie überwacht. Bei den Probanden in übermüdetem Zustand wurde eine stärkere Aktivität der Hirnregionen festgestellt, die für positive Wahrnehmungen zuständig sind.
"Verzerrung zum Optimismus"
Kaffee trinken, frische Luft oder Gymnastik könnten diese Auswirkungen von Müdigkeit nicht verhindern, schrieb Hauptautor Vinod Venkatraman von der Duke University. Er findet die Studienergebnisse insbesondere im Zusammenhang mit Glücksspielen im Casino interessant. Spieler neigten mit fortschreitender Stunde mehr und mehr zu Risikofreude. "Bis in die Nacht hinein aktive Spieler kämpfen nicht nur gegen das ungünstige Verhalten der Spielautomaten, sie kämpfen auch gegen die durch Schlafentzug verursachte Tendenz, bedingungslos Gewinne vorauszusehen, während sie die Möglichkeit von Verlusten unterschätzen", warnte Venkatraman.
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Und noch zwei letzte Fragen: Sind Finanz-Jongleure Zocker? Und falls ja - wie gut haben sie vor dem Ausbruch der vergangenen Finanzkrisen geschlafen?
Der Spiegelsaal

Eines Tages kam ein anderes Kind in den Saal. Auch seine Augen wurden groß, als es so viele Kinder um sich sah und es lächelte vorsichtig. Als daraufhin alle Projektionen zu lächeln begannen, lachte das Kind und freute sich über so viel Freundlichkeit.
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